Wenn im Sommer die Temperaturen wieder stetig klettern, denkt so mancher Katzenhalter über eine Abkühlung für seinen Stubentiger nach. Neben zahlreichen anderen Tipps kommt oft die Idee auf, der Katze ein feuchtes Tuch umzulegen. Seit einigen Jahren jedoch kursiert im Internet ein Gerücht, das genau davor warnt. So soll sich unter dem umgelegten Handtuch angeblich ein Hitzestau bilden. Dieses Gerücht ist jedoch falsch und verkennt dabei grundlegend wichtige Punkte.
Baumwolle, Leinen und Mikrofaser sind luftdurchlässig
Hand- und Geschirrtücher bestehen in der Regel aus Baumwolle oder Leinen. Diese beiden natürlichen Fasern nehmen nicht nur Feuchtigkeit auf – sie lassen auch Luft hindurch. Sie sind also atmungsaktiv. Und zwar ganz ohne chemische Bearbeitung sogar im nassen Zustand. Das gilt übrigens auch für Mikrofaser.
Dieser Umstand ist einer der Gründe, warum sich unter einem übergeworfenen Tuch kein Hitzestau bildet. Anders wäre es, würden wir die Katze fest einwickeln und dazu noch eine Lage Plastikfolie drumherumwickeln. Denn dann könnten weder Feuchtigkeit, noch Wärme entweichen.
Beim Trocknen entsteht Verdunstungskälte
Wasser verdunstet bereits bei Temperaturen von weit unter 100°, sogar schon bei Raumtemperatur. Einfache physikalische Prinzipien sorgen so zum Beispiel dafür, dass unsere Wäsche trocknet. Dabei entsteht Verdunstungskälte, nicht Hitze. Denn die zur Verdunstung nötige Energie wird durch die Körpertemperatur geliefert: wird Energie für die Verdunstung verbraucht, sinkt die Temperatur.
Der Verdunstungsprozess geht dabei so lange weiter, bis die Luftfeuchtigkeit des Raumes der des Handtuchs entspricht. Vereinfacht gesagt: so lange das Handtuch nasser ist als die Raumluft wird Kälte produziert. Aber selbst wenn beides gleich feucht ist, wird keine Hitze produziert – die Kälte-Produktion hört dann einfach nur auf.
Wadenwickel zur Fiebersenkung: gleiches Prinzip, kühlende Wirkung
Dieses Prinzip machen sich seit geraumer Zeit Menschen mit Fieber zunutze: Mit kühlen Umschlägen umwickelte Waden senken nachweislich die Körpertemperatur. Auch bei Menschen mit Verdacht auf Hitzschlag werden feuchte Tücher als Erste-Hilfe-Maßnahme eingesetzt. Sehr kalte Tücher allerdings können einen Kreislaufschock auslösen.
Bezüglich des Temperatur-Senken-Effekts kann man getrost vom Menschen auf die Katze schließen, denn das physikalische Grundprinzip der Verdunstungskälte wirkt bei beiden gleichermaßen.
Unsere Leserin Annett hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es ein tolles „Sendung mit der Maus“-Video zum Thema gibt. Das erklärt das Prinzip der Verdunstungskälte ganz wunderbar:
Ein warmes Handtuch bedeutet nicht gleich Hitzestau!
Und zwar völlig unabhängig davon, ob das Tuch durch die Körpertemperatur der Katze ein wenig erhöht wird. Denn natürlich wird das Tuch ein wenig wärmer, wenn wir es der Katze umlegen. Das hängt einfach damit zusammen, dass die Katze nunmal ein „warmer Körper“ ist. Im Gegensatz dazu führen kalte Körper wie z. B. ein Stein dazu, dass das Handtuch kalt wird.
Beides – Wärme und Kälte – bedeuten aber nicht automatisch „Hitzestau“ oder „Einfrieren“. Dazu gehört weit mehr.
Luft im Fellkleid unterstützt Luft- / Wärmeaustausch
Unter Anderem auch ein fehlender Luftaustausch. Dieser ist jedoch bei der Katze und ihrem Tuch gegeben. Sogar noch ein wenig mehr als er es bei uns Menschen wäre. Denn zwei Dinge worin sich Mensch und Katze unterscheiden sind der Grad der Körperbehaarung und die Verteilung der Schweißdrüsen. So haben Katzen in der Regel am ganzen Körper ein dichtes Fellkleid, das auch Luft einschließt.
Zudem schwitzen Katzen nicht über die gesamte Körperoberfläche, sondern nur über die Pfotenballen und die Zunge.
Beides trägt dazu bei, dass das feuchte Tuch nicht direkt „klatscheng“ auf der Haut aufliegt. So ist ein Luft- / Wärmeaustausch bei Tieren mit Fell sogar noch besser gegeben als bei uns spärlich behaarten Menschen.
Und noch eine einfache Katzen-Tatsache spricht gegen das „Hitzestau-Schauermärchen“: wird es einer Katze die bei Bewusstsein ist, wirklich zu warm, befreit sie sich spielend leicht selbst vom Tuch.
Auch Foltermethoden haben nichts mit einem Hitzestau zu tun!
Ein weiteres Missverständnisse wird häufig für die „Hitzestau-Theorie“ angeführt: So werden nasse Tücher auch beim sogenannten „Waterbording“ eingesetzt.
Bei dieser Foltermethode bekommt das Opfer ein Tuch über Mund und Nase gelegt. Anschließend wird stetig Wasser darüber gegossen. Das Ziel dieses Vorgehens ist jedoch keineswegs ein Hitzestau. Vielmehr löst es beim Opfer das Gefühl des Ertrinkens aus – und damit Panik und länger andauernde psychische Traumata.
Bei Kenntnis all dieser Punkte wird schnell deutlich, dass weder Hund noch Katze bei Alltagsbedingungen unter einem umgelegten Handtuch einen Hitzestau erleiden. Es ist physikalisch – und logisch – unmöglich. Selbstversuche unter nachvollziehbaren und realistischen Bedingungen sind zwar eigentlich überflüssig – aber dennoch unterhaltsam 😉
Verhaltens- & Ernährungsberaterin für Katzen, Bloggerin
Miriam steht für die artgerechte Katzenhaltung. Mit ihrem Herzensprojekt katzen-fieber.de sensibilisiert sie seit über 13 Jahren für kätzische Bedürfnisse. Mit Online-Magazin, Vorträgen, Webinaren und Büchern vermittelt sie einfach verständliches Wissen. Individuelle Beratung rundet das Konzept ab. Für ein harmonisches Zusammenleben zwischen Mensch und Katze!
Das ganze Problem lässt sich sehr einfach lösen und dabei für die Katze noch angenehmer gestalten, da viele Katzen den Kontakt mit nassen Textilien auch gar nicht mögen.
In unserer Dachgeschosswohnung wird es im Sommer immer schnell recht warm. Unsere Miezen bekommen dann den Wäscheständer ins Wohnzimmer gestellt und dieser wird mit nassen Handtüchern (große Badetücher) behangen. Drei Handtücher flächig reichen schon aus. Am besten sie hängen seitlich weit herunter.
Die Katzen lieben es dort zu liegen, da es sehr schnell sehr deutlich kühler wird. Ich bin auch schon oft genug zu ihnen unter den Wäscheständer gekrabbelt um selbst die kühle Luft dort zu genießen 😀
Meine Katzen lieben es unter dem Wäscheständer zu liegen, direkten Kontakt möchten sie nicht so umbedingt.
Die Kühlmatte die ich für sie gekauft habe ignorieren sie aber auch.
Auf dem Balkon suchen sie sich nach kurzer Zeit in der Sonne dann ein schattiges Plätzchen. Sie sind aber insgesamt sehr gern bei dem warmen Wetter auf dem Balkon, obwohl drinnen oft kühler ist.
Unsere Mietze liebt es auf und unter einem feuchten Handtuch zu liegen, wenn es sehr warm ist. ganz nass mag sie es nicht. Und wir Zweibeiner finden ein feuchtes kaltes Tuch im Nacken ja auch eine tolle Abkühlung 🙂
Danke Miriam für dieser Beitrag.Meine Katzen, wie du auch schreibst, wissen selber wo in der Wohnung am kühlste ist und bis jetzt habe ich nie Probleme gehabt wenn ich achte dass zuhause mit den richtigen Massnahmen immer etwas 5 Grad kälter ist als draussen.
Ich habe trotzdem alles von dir geschriebenen Artikel gelesen denn, mann weiss nie. Wenn ich in Italien gehe muss ich für alles vorbereitet sein. Dort gibt so viele arme Tiere das kein Zuhause haben und es ist gut wenn man ein „erste Hilfe“ leisten kann.
Schöner Beitrag. Um dem Thema nasses Handtuch noch einen weiteren sachlichen Punkt beizutragen …. das nasse bzw. feuchte Handtuch arbeitet nach dem selben Prinzip wie jeder Kühlschrank. Kann man sogar bei den Sachgeschichten von der Sendung mit der Maus nachschlagen. Es ist ein einfacher physikalischer Effekt. Das verdunstende Wasser braucht damit es verdunsten kann Energie. Diese entzieht es der Umgebung (hier der Katzenkörper und die umgebende Luft) in Form von Wärme. Das das Handtuch warm wird mit der Zeit ist normal und gewollt. Der Katzenkörper darunter und die nahe Luft darüber wird etwas herunter gekühlt. Sobald das Handtuch trocken ist, ist dieser Effekt aufgehoben. Dann muss man es erneut befeuchten. Der Kühlschrank ist hinten außen auch warm wegen diesem Verdunsten, nur das es beim Kühlschrank ein geschlossenes System ist und das verdunstende Wasser/Flüssigkeit aufgefangen wird und wieder zurück geführt wird.
Schöne Sommertage noch.
Annett
Danke Annett für diese Ergänzung!