Keine Gicht durch Purin und Herzmuskelfleisch bei Katzen und Hunden

Seit einiger Zeit kursiert unter rohfütternden Katzenhaltern die Sorge vor „zu viel Herz“. Die Befürchtung: Das darin enthaltene Purin könne auf lange Sicht möglicherweise die Entstehung von Gicht fördern. Aus diesem Grund wird an manchen Stellen davon abgeraten, viel Herzmuskelfleisch zu verfüttern. Diese Befürchtung ist jedoch unbegründet. Denn Katzen oder Hunde bekommen keine Gicht, ihr Harnsäurestoffwechsel ist anders als der des Menschen. Hinzu kommt, dass vor allem Hühnerherzen laut verschiedener Quellen weniger Purin enthalten sollen als so manch anderes Muskelfleisch.

Purin, Harnsäure und Gicht – Zusammenhänge beim Menschen

Purine sind – vereinfacht ausgedrückt – Bausteine der DNA[1]. Dementsprechend sind sie in den Zellen jedes Lebewesens enthalten und werden auch durch ihn selbst gebildet[1]. Dabei sind tierische Lebensmittel purinhaltiger als Pflanzliche[2,3]. Allen voran stehen Muskelfleisch, Haut und Innereien wie Leber: sie enthalten besonders viel Purin[1,2,3,12,13,14,15,16,17].

Werden Purine vom Körper abgebaut, entsteht Harnsäure[1,3]. Da sie schlecht wasserlöslich ist, wird sie nur teilweise mit dem Urin ausgeschieden[1,3,7 ]. Zu hohe Harnsäure-Spiegel im Blut können dann zu Kristallbildung in den Gelenken führen[1,3], wenn mehr Purin aufgenommen wird als verstoffwechselt werden kann. Das kann in Verbindung mit Vorerkrankungen bei vereinzelten Spezies wie Menschen, Reptilien und Vögeln Gicht auslösen[1,2,3].

Katzen & Hunden bauen Purin anders ab als Menschen

Denn im Gegensatz zu vielen anderen Spezies ist bei ihnen beim Umbau zu Harnsäure Schluss[1,2]. Der Grund dafür ist das Fehlen des Enzyms Uricase (auch als „Uratoxidase“ bezeichnet)[2]. Dieses Enzym sorgt dafür, dass Harnsäure weiter abgebaut wird – nämlich zum Beispiel zu Allantoin[1,2,9].

Dieser Stoff ist deutlich besser wasserlöslich als Harnsäure und wird somit fast vollständig mit dem Urin ausgeschieden[2]. Dementsprechend kommt es zu keiner Ansammlung von Harnsäure im Körper, zu keiner Kristallbildung in den Gelenken und entsprechend auch nicht zu Gicht.

Bei Katzen und Hunden wird genau dieser Umbau vollzogen: sie wandeln Purine zu Allantoin um. So kommt auch die Erkrankung Gicht bei ihnen nicht vor[3,4,5,6,18].

In seltenen Fällen bei vorerkrankten Tieren Harnsteinbildung

Allerdings gibt es Krankheiten oder genetische Faktoren, die die „Weiterverarbeitung“ von Harnsäure stören[3,7,8,9]. Das ist zum Beispiel bei der Hunderasse Dalmatiner der Fall: Tiere dieser Rasse sind aufgrund eines Gendefekts nicht in der Lage, den Umbau zu vollziehen[3,9]. Bei Katzen können Tiere mit bestimmten Lebererkrankungen betroffen sein.

Die Folge davon ist jedoch nicht etwa Kristallbildung in den Gelenken (also Gicht) – sondern ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Kristallen in Blase und / oder Niere. Präziser gesagt eine spezielle Harnsteinart: den Ammonium-Uratsteinen[3,7,8].

Bei gesunden Tieren ist das Risiko für diese Art von Harnsteinen jedoch äußerst gering[8]. Und nur etwa 3 – 6 % aller kätzischen Harnsteinpatienten soll verschiedenen Untersuchungen zufolge an Ammonium-Urinsteinen[3,7,8,11] leiden. Hier liegen dann aber noch andere Problematiken vor, allen voran bestimmte Lebererkrankungen – „viel Purin“ ist dann nur eine Nebenproblematik.

Die Herzmenge macht nicht immer einen Unterschied

Vor allem tierische Lebensmittel enthalten Purin. Da sie natürliche Rohstoffe sind, schwankt ihr Gehalt allerdings stark. Auch die „Funktion“ der fleischigen Teile steht im Zusammenhang mit ihrem Puringehalt. So enthält beispielsweise die Innerei Leber zahlreichen Quellen [12,13,14,15,16,17] zufolge sehr viel Purin – in vielen Fällen sogar doppelt so viel wie Fleisch oder Fisch. Auch fettige – z. B. Haut – und bindegewebsreiche – Lunge etc. – Fleischteile sind hier zu nennen[18].

Herzmuskelfleisch scheint nicht pauschal „viel Purin“ zu enthalten. Vielmehr scheinen die Herzen verschiedener Tiere auch unterschiedliche Puringehalte aufzuweisen: manche davon mehr, manche weniger als unterschiedliche Fleischsorten. So könnte es nach den unteren Quellen zum Beispiel „purinärmer“ sein, einen Teil Putenfleisch mit Haut durch Hühnerherz zu ersetzen. Den unteren Quellen zufolge wäre allerdings Rinderherz purinhaltiger als alle anderen aufgeführten Fleischsorten.

Die These „viel Herz bringt viel Purin in die Mahlzeit“ scheint also nicht pauschal zu stimmen – unabhängig davon, ob es nun zu einem erhöhten Gichtrisiko führt oder nicht. Wie immer in der Rohfütterung bleibt es auch hier bei einem „kommt drauf an…“.

Die Tabelle zeigt unterschiedliche Puringehalte unterschiedlicher fleischiger Teile. Die Angaben sind aus den Quellen 12 – 17 entnommen und teilweise umgerechnet: 2,4 mg Harnsäuregehalt entspricht 1 mg Puringehalt. Da fleischige Teile natürlichen Schwankungen unterliegen und die Quellen teilweise andere Zubereitungsarten zugrunde legen (gegart vs. roh), kann die Tabelle nur grobe Orientierungspunkte – und keine „exakt richtigen“ Werte – bieten.

Fleischsorte je 100 gPuringehalt in mg
Rindergulasch44
Rinderhack45
Putenbrust o. Haut50
Hühnerbrust o. Haut50-73
Lammfleisch52-97
Kaninchenfleisch55-51
Rindfleisch55-58
Hühnerherz55-63
Kalbsherz58-90
Hühnerbrust m. Haut73
Kalbfleisch74-80
Lammmuskelfleisch76
Weißes Hühnerfleisch78
Putenfleisch87
Putenfleisch m. Haut91
Rinderherz93-107

Alles in allem bleibt, dass die Reduzierung der Herzmenge nicht mit einer Sorge um Gicht begründet werden kann. Und dass eine größere Menge Herz nicht unbedingt zwangsläufig auch „viel Purin“ bedeuten muss. Zu bedenken ist ebenfalls, dass leberkranke Katzen mit Neigung zu Harnsteinen von purinarmer Kost profitieren können.

Quellen und weitere Infos

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