5 Gründe, warum ich meinen Katzen die Krallen schneide – und: worauf du dabei achten solltest

Das Thema „Krallen schneiden bei Katzen“ löst kurioserweise in „sozialen“ Medien öfter mal einen regelrechten Shitstorm aus. Sei es, weil manche Menschen nur schwarz/weiß-Denken können oder weil sie vollkommen falsche Vorstellungen davon haben. Zum Beispiel, dass Krallenschneiden das selbe wäre wie das verpönte Declawing. Mit diesem und weiteren Vorurteilen möchte ich heute aufräumen. Und euch erzählen, warum ich seit Jahren die Krallen meiner Katzen kürze. Auf dass die Missverständnisse und Anfeindungen deswegen vielleicht einmal weniger werden.

Meine Katzen sind furchtbar kratz- und Krallenpflege-faul

Obwohl ich großen Wert auf katzengerechte Kratzmöglichkeiten lege und meinen Katzen verschiedene Ausführungen anbiete, sind sie seit jeher ziemlich kratzfaul. Dabei liegts nicht daran, dass sie die angebotenen Optionen unangemessen finden. Sie kratzen einfach wenig, dafür markieren sie lieber mit Wangenreiben. So konnte ich in der neuen Wohnung die Kratzflächen auf drei Stämme und zwei horizontale Kratzpappen reduzieren – selbst das scheint schon zu viel 😀

Das bedeutet aber auch, dass Janis und Lara sich ihre Krallen wenig abnutzen. Da sie sie zudem auch wenig durch Beknabbern pflegen, ergeben sich so einige unangenehme Probleme.

Sie zeigen ihre Liebe mit viel Körperkontakt und Treteln – leider auch im Gesicht

Unter Anderem auch, dass meine Haut extrem leidet. Denn meine Katzen sind nicht nur kratzfaul – sie sind auch Pattexkatzen, die ihre Liebe mit übertriebener Körpernähe zelebrieren. Mehrere Stunden am Tag liegt eine von beiden auf oder neben mir, berührt mich und tretelt direkt auf meiner Haut. Beide verbringen zudem gern Zeit auf meiner Schulter, ein "Abdocken" wird teilweise mit Festkrallen quittiert. Besonders am Abend kommt dann noch ein dringendes Nähebedürfnis hinzu: vor allem Janis liegt im / am Gesicht und muss mich berühren. Dabei wird – natürlich – auch getretelt.

Alle Versuche, ihnen den Kralleneinsatz sanft abzutrainieren, sind gescheitert. Auch hier ist das Krallenkürzen also für uns alle vorteilhaft: ich habe keine Schmerzen mehr, meine Haut wird nicht massakriert und meine Katzen können weiterhin Wohlfühlen durch Treteln ausdrücken. Sie deswegen wegzusetzen oder anderweitig zu bestrafen entspricht nicht meinen Erziehungsmethoden, schließlich ist Nähe für beide ein ausgeprägtes Grundbedürfnis.

Unsere Krallenschere
Wir haben mehrere Krallenscheren ausprobiert und sind letztlich bei einer ganz Einfachen geblieben: die liegt gut in der Hand, ist leicht und einfach zu handhaben

Niemand bleibt hängen und verletzt sich, meine Bettlaken bleiben (meistens) heile

Ein anderer Punkt ist die Verletzungsgefahr. Katzen können ihre Krallen zwar in schützende Hauttaschen einziehen, aber bei manchen Katzen wird aus "lang" irgendwann einfach "zu lang". Und dann muss der Halter eben einschreiten.

Denn mit den Krallen hängenzubleiben macht nicht nur Löcher in Textilien – es kann auch dazu führen, dass sich die Katze im schlimmsten Fall nicht mehr selbstständig befreien kann. Und dann wird sie ziehen, sich winden und versuchen zu flüchten. Die Folge davon können verdrehte bis gequetschte Gliedmaßen, ausgerissene Krallen und Selbstverletzung sein. Vom Stress und Trauma bei dieser Aktion ganz zu schweigen.

Ich möchte das meinen Katzen und mir gerne ersparen. Einmal in der Woche für zwei Minuten stressfrei Krallen zu schneiden ist da in meinen Augen ein gangbarer Weg. Dass meine Bettlaken und Decken dadurch weniger Löcher haben ist nur ein netter Bonuspunkt.

Stressfrei, denn es gehört seit Jahren zu unserem medical Training

Dass es stressfrei abläuft ist vor allem Gewöhnungs- und Routinesache. Denn seit etwa sechs Jahren gehört das Krallenschneiden zu unserem Routinealltag. Angefangen hat alles mit Katze Tiffy, sie konnte sich ihre Krallen im Alter ab etwa zehn Jahren nicht mehr so gut selbst pflegen. Als sie immer öfter in Textilien festhing war klar, dass ich ihr helfen musste. So waren meine beiden jetzigen Katzen also bereits ab dem Einzug bei mir daran gewöhnt, dass da "regelmäßig was mit den Krallen passiert".

Neugierig und lernwillig wie Kitten sind, ging die Gewöhnung ans Krallenschneiden quasi wie von selbst. Schließlich waren von Tag eins an Abtasten und eine nähere körperliche Untersuchung einfach Teil der täglichen Beautyroutine. So haben wir neben Augensäubern und Bürsten das Krallenschneiden eben einfach mit ins Programm integriert. Dementsprechend bedeutet es für meine Katzen keinen Stress und ist nichts Besonderes.

Medical Training

Beim Medical Training üben wir gemeinsam mit unseren Haustieren das Aushalten von medizinisch notwendigen Handlungen. Dabei gewöhnen wir sie auf sanfte Weise an sonst eher unangenehme Handgriffe, beispielsweise das Festgehalten- oder Genau-untersucht-werden. Auch die freiwillige Einnahme von Medikamenten, das Inhalieren oder die Augentropfen-Eingabe können hierbei geübt werden.
Ziel ist es, dass die Katze im Ernstfall darauf vorbereitet ist und deutlich weniger Stress hat. Das Training dient aber auch dazu, es dem Halter und Fachpersonal deutlich einfacher zu machen.

Auch geschnittene Krallen hindern sie nicht am Klettern

Doch es geht nicht nur um die Vorteile, die wir drei Mädels durch das Krallenschneiden haben. Wichtig ist mir auch immer auf mögliche negative Punkte zu schauen: Stress entfällt aufgrund der Routine und sanften Trainingsweise bei uns. Aber viele Halter befürchten auch, dass die Katze durch die geschnittenen Krallen im Alltag eingeschränkt sein könnte. Speziell das Thema "Klettern" wird dabei immer wieder angesprochen.

Für uns konnte ich in den letzten Jahren beobachten, dass die gekürzten Krallen meine Katzen weder am Klettern, noch am Fummelbrett irgendwie beeinträchtigen. Sie flitzen die Kratzstämme hoch und runter und spießen regelmäßig Leckerchen, Fleischbrocken und Futtertiere auf. Für die Beutejagd brauchen sie sie als Wohnungskatzen ohnehin nicht und Konkurrenten müssen sie auch nicht in die Flucht schlagen. Da es keine Kämpfe zwischen ihnen gibt, bei denen sie "scharfe Waffen" zur Verteidigung haben müssten, sind scharfe Krallen bei uns insgesamt eher kein Must-Have.

Im Großen und Ganzen bleibt also zu sagen, dass wir hier vom Krallenschneiden profitieren, meine Katzen aber nicht auf natürliche Verhaltensweisen verzichten müssen oder in irgendeiner Art dadurch eingeschränkt sind.

Die Grafik zeigt den Unterschied zwischen Krallenschneiden und Zehenamputation
Bitte nicht verwechseln: Beim Krallenschneiden werden nur die "Fingernägel" gekürzt, beim Declawing wird die Kralle mitsamt Zehenglied operativ entfernt

Krallen schneiden vs. Declawing = Maniküre vs. Amputation

Meiner Erfahrung nach werden Einschränkungen vor allem von Menschen befürchtet, denen der gravierende Unterschied zwischen "Declawing" und "Krallenschneiden" nicht ganz klar ist. Declawing ist vor allem in den USA ein großes Thema, denn dort ist es – teilweise noch – erlaubt und leider durchaus üblich. Hier in Deutschland ist es jedoch verboten, denn es ist ein medizinisch unnötiger Eingriff, der langanhaltendes und extremes Tierleid mit sich bringt. Schließlich wird dabei ein Zehenglied mitsamt Krallen operativ entfernt – deutlich gesagt also amputiert.

Selbst wenn das fachgerecht geschieht – was leider nicht immer der Fall ist – leidet das Tier danach oft lebenslang an Schmerzen und wiederkehrenden Infektionen. Auch die Palette an Verhaltensstörungen nach dem Eingriff ist ellenlang. Die Aufklärung über die Folgen für das Tier erfolgt nicht flächendeckend und ist insgesamt mehr als unzureichend.

All diese Folgen hat das Krallenkürzen jedoch nicht. Krallen wachsen wieder nach, es wird nur ein minimales Stück bereits totes Gewebe entfernt. Vereinfach gesagt könnte man sagen: Fingernägel schneiden (= Krallen kürzen) ist deutlich anders als Finger abschneiden (= Declawing). Dementsprechend sind auch die Folgen und Beeinträchtigungen vollkommen unterschiedlich.

Krallenschneiden ist nur in Ausnahmefällen nötig

Auch, wenn Krallenkürzen in der Regel einfach nur harmlos ist, ist es für viele Katzen schlicht unnötig. Denn tatsächlich pflegen sich die meisten Katzen ihre Werkzeuge selbst: durch Kratzen, durch Beknabbern der Krallen. In der Regel sind es nur alte, dicke, bewegungseingeschränkte oder zahnlose Katzen, denen man mit Kürzen ein wenig helfen muss. So lange die Katze nicht an Textilien hängenbleibt und es beim Laufen auf Hartböden kein "Klackergeräusch" gibt, brauchen wir Halter in der Regel nicht einzugreifen.

Ich persönlich bin gegen das Krallenkürzen, wenn es nur darum geht, Tapeten oder Textilien zu schützen. Schließlich ist dieses Verhalten meist nur ein Zeichen davon, dass die Katze unzufrieden ist mit ihren angebotenen Kratzmöglichkeiten. Hier gibt es deutlich katzengerechtere Lösungen als das Krallenkürzen.

Krallenschneiden ist nur in Ausnahmefällen nötig
Nur dann, wenn die Katze die Krallenpflege selbst nicht mehr schafft und / oder in Textilien hängebleibt ist das Krallenschneiden wirklich nötig

Stress und Verletzungen beim Krallen schneiden vermeiden

Egal, warum wir unserer Katze die Krallen kürzen möchten, es gibt drei grundlegende Punkte, die absolut immer eingehalten werden müssen:

  • Gewalt und Zwang sind tabu
  • Nur die Krallenspitzen schneiden
  • Was du nicht (richtig) siehst, schneidest du nicht

Katzen sind an den Pfoten sehr berührungsempfindlich. Nicht nur scheue Katzen können sich gegen das Krallenschneiden extrem wehren. Bevor wir also Gewalt und Zwang anwenden, lassen wir es im Zweifelsfall lieber bleiben oder nehmen uns (Wochen oder Monate) Zeit für ein sanftes Training. Es ist für alle Beteiligten extrem kontraproduktiv, wenn die Katze menschliche Berührungen negativ einspeichert.

Wer beim Krallenkürzen zu viel abschneidet verletzt die Katze! Besonders bei dunklen Krallen ist das eine Herausforderung. Daher werden nur etwa 1 – 2 mm der Krallenspitze gekürzt und auch nur dann, wenn wir als Halter genau sehen, was wir tun. Lieber öfter ganz wenig schneiden als zu viel.

Wer unsicher ist, fragt sein Fachpersonal des Vertrauens um Rat. Sie haben nicht nur geeignetes Werkzeug zur Hand, sie können uns auch zum Selbermachen anleiten.

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3 Kommentare

  1. Mein Olaf Olafson ist auch kratzfaul. Obwohl fast jede senkrechte Wand mit Kratzmöglichkeiten ausgestattet ist. Er knabbert gelegentlich an sein Nägeln, aber mehr auch nicht. Und auch er hinterlässt „liebevolle“ Kratzspuren auf mir und mein Decken und Laken. Das alles stört mich nicht wirklich, okay mein Hausarzt guckt mich immer etwas skeptisch an, wenn ich mal wieder zur Blutentnahme gehe und neue Kratzer habe. Was mir wirklich Sorgen macht, dass Olaf seine Krallen nicht selbständig kürzer bekommt und obwohl ich ihn als Kitten auch sofort an alle eventuellen medizinischen Untersuchungsgriffe gewöhnt habe (Zähne, Augen, Ohren, Bauch, After) lässt mich partout nicht an die Krallen. Selbst mit Leckerlie oder Ablenkung ist kein rankommen. Klickern kann ich nicht mit ihm, da er taub ist. Beim Schmusen kann lässt er mich an die Pfoten und ich kann auch die Krallen rausdrücken, aber sobald ich die Schere in die Hand nehme ist es vorbei. Und er hat keine schlechte Erfahrungen damit gemacht. Auch die Farbe ist es nicht. Seine Bürsten haben die gleiche Farbe.
    Was könnte ich noch probieren?
    LG Marlen

    • Hallo Marlen,
      das ist eine interessante Frage – und ein toller Katername 😉 Vorweg: auch mit tauben Katzen können wir clickern. In dem Fall sollte es dann halt nur kein akustischer Marker („Clickgeräusch“), sondern ein optisches Signal sein. Ich kenne einige Halter*innen, die ihre Täubchen mithilfe einer Taschenlampe trainieren.

      Aber ich lese heraus, dass das nicht euer Problem ist. Vielmehr scheint die Krallenschere an sich der Knackpunkt zu sein. Mir fallen dazu spontan zwei Dinge ein: die eine Sache ist, vielleicht eine neue Schere zu kaufen, die ganz anders aussieht als eure bisherige. Vielleicht kann die neue Optik etwas von seiner Abneigung zu lindern. Parallel würde ich die Schere versuchen, positiv – oder zumindest neutral – zu besetzen. Das kann zum Beispiel geschehen, in dem die Schere auch im Alltag mal herumliegt, wo Olaf sie erreichen und beschnuppern, anpföteln etc. kann. Die Schere vielleicht auch in die Kuschelstunden miteinbinden: Anfangs liegt sie nur neben euch auf dem Sofa und wird gar nicht angefasst, bewegt oder Ähnliches. Es kann auch Sinn machen, sich mit Olaf ganz bewusst auf den Boden zu setzen, ihm die Schere hinzuhalten und ihn zu belohnen, wenn er sie ansieht, wenn er an ihr riecht, sie berührt. Das alles natürlich in winzig kleinen Schritten. Sobald die Schere für ihn nicht mehr gruselig ist, könntest du vielleicht anfangen, die Schere beim Kuscheln in die Hand zu nehmen – ohne etwas damit zu tun und sie wieder weglegen. Hält Olaf das aus, wird er belohnt. Der nächste Schritt könnte sein, die Schere in die Hand zu nehmen, mit der anderen Hand seine Pfoten leicht zu berühren. Mehr nicht, auch wieder Belohnung. Dann Pfoten festhalten, Schere in der anderen Hand, Schere wieder weglegen und wieder belohnen usw.

      Das ganze in winzig kleinen Minischritten und immer nur dann einen Schritt weiter, wenn der kleine Kerl mehrmals nicht negativ reagiert. Das kann durchaus Wochen oder Monate dauern, ist aber sehr sanft und verursacht – langsam genug umgesetzt – keinen Stress. So in etwa haben ich meinen Damen beigebracht, sich freiwillig scheren zu lassen.

      Vielleicht hilft dir diese Beschreibung etwas.

      Liebe Grüße
      Miriam

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