Fauchen ist ein Abwehrlaut, der Grenzen setzen soll
Katzen fauchen untereinander, um Grenzen zu setzen. "Bis hierhin und nicht weiter!". Die fauchende Katze fühlt sich bedroht und bedrängt – insgesamt also ganz und gar nicht nicht wohl in ihrer Haut. Sie möchte Abstand oder Ruhe vor allzu grober Behandlung. Es ist also eine Reaktion auf etwas, das um sie herum oder mit ihr geschieht.
Fauchen ist vor allem aber auch ein Ausnahmelaut, der nur in einer Ausnahmesituation gezeigt wird. Es ist also keine alltägliche Äußerung – und geht vor allem mit einer Menge Kontext drumherum einher. Denn wenn Katzen fauchen, haben sie bereits vorher deutliche Signale gesendet, tun es währenddessen und auch danach.
Kommunikation ist ein Puzzle mit vielen kleinen Teilen
Denn ein Fauchen wird nicht einfach urplötzlich aus heiterem Himmel gezeigt und besteht bei Weitem nicht nur aus "Maul auf, Luftstrom und gerümpfte Nase". Weit vorher zeigen Katzen subtile Zeichen dafür, dass die Situation nicht nach ihrem Geschmack ist: Gewichtsverlagerung, verdrehte Ohren, Schwanzschlagen und Vieles mehr.
Beim Fauchen selbst ist auch die gesamte Körperhaltung, die Weite der Pupillen, die Stellung der Ohren wichtig, um verständlich kätzisch zu kommunizieren.
Der Mensch ist keine große Katze
Das alles ist uns Menschen nicht möglich – selbst wenn wir es wollten. Wir haben kein Fell am Körper, das wir sträuben könnten. Wir haben auch keine Ohren, die wir verdrehen oder einen Schwanz, mit dem wir unsere Stimmung anzeigen könnten.
Selbst wenn wir annehmen, dass unsere Katze nach langem Zusammenleben auch unsere menschliche Körpersprache verstehen würde, müssten wir weit vor dem Fauchen eine ganze Menge "harmlosere" Kommunikation stattfinden lassen. Andernfalls wäre es einfach nur völlig deplatziert.
Ohne Kontext ist Kommunikation missverständlich, verwirrt und kann Angst machen
Stell dir vor, du sitzt entspannt mit einem vertrauten Menschen auf dem Sofa. Urplötzlich schreit dich dein Gegenüber an: "Hör jetzt endlich auf damit, es reicht mir!" Es folgt keinerlei Erklärung, dein Gegenüber ist aber sichtlich verärgert und wütend auf dich. Wie fühlst du dich und vor allem – wie verhältst du dich jetzt?
Ungefähr so muss es sich für die Katze anfühlen, wenn der Mensch sie anfaucht. Sie weiß nicht warum, was sie falsch gemacht hat und wie sie die Situation entschärfen soll. Je nach Charakter erschreckt sie sich, flüchtet, faucht zurück oder – zeigt dir mit Krallen und Zähnen, dass deine Reaktion vollkommen unangemessen war.
Ein grober Umgangston hinterlässt Spuren bei Allen
Denn für sie ist – wie bereits erwähnt – das Fauchen nur eine Reaktion auf etwas, das passiert ist. Aber auf was? Das kann sie nicht wissen, denn du kannst es ihr nicht sagen. Und du kannst auch vorher keine für sie verständlichen Signale senden. Was bleibt, ist im günstigsten Fall "nur" eine kurzzeitig verwirrte Katze.
Im schlimmsten Fall nimmt sie das so sehr mit, dass euer Vertrauensverhältnis einen mächtigen Knacks bekommt. Ängstliche Katzen werden daran nachhaltig zu knabbern haben. Aber auch bei der selbstbewusstesten Katze wird sich das nach ein paar Wiederholungen festsetzen. Noch schlimmer allerdings, wenn die Katze sich einprägt, dass das jetzt zu eurem "normalen Umgangston" gehört: höchste Eskalationsstufe als alltägliches Vorkommnis. Wer fühlt sich denn da wirklich sicher und geborgen?
Die Katze kann so nicht lernen
Mindestens genau so schlimm ist aber, dass die Katze bei solchem Umgang einfach gar nichts lernt. Sie weiß, es gibt da irgendwo eine Grenze – aber sie hat keine Ahnung, was sie stattdessen anders machen soll. Was sie "richtig" machen soll, damit ihr Mensch nicht wieder völlig ausrastet. Auch das stört das Vertrauensverhältnis.
Statt die Katze also mit einem für sie unverständlichen und völlig überzogenen Abwehrlaut zu bestrafen, macht es mehr Sinn, sich katzengerechte Erziehungsmethoden zu suchen. Und auch die eigene Haltung zu überdenken, damit die Bedürfnisse der Katze gestillt sind. Denn wer Unsinn anstellt, tut das meist nur, weil er keine andere Möglichkeit hat, seine Energie abzubauen. Weil er keine Alternativen kennt, die eindeutig "erlaubt" oder erwünscht sind.
Katzen zu erziehen macht Arbeit, braucht manchmal hunderte Wiederholungen und wochen- wenn nicht gar monatelange Geduld. Das Fauchen ist hier genau so wenig eine adäquate Abkürzung wie wir große Katzen sind. Wer die kätzische Kommunikation nachahmen möchte, sollte sich der Grenzen bewusst sein – und vor allem auch die Folgen überdenken.
Verhaltens- & Ernährungsberaterin für Katzen, Bloggerin
Miriam steht für die artgerechte Katzenhaltung. Mit ihrem Herzensprojekt katzen-fieber.de sensibilisiert sie seit über 13 Jahren für kätzische Bedürfnisse. Mit Online-Magazin, Vorträgen, Webinaren und Büchern vermittelt sie einfach verständliches Wissen. Individuelle Beratung rundet das Konzept ab. Für ein harmonisches Zusammenleben zwischen Mensch und Katze!
Liebe Miriam,
sehr interessanter Artikel und die Problematik gut erklärt.
Menschen sind nun mal keine Katzen 🙂
Nach mittlerweile fast vierzig Jahren Leben mit den unterschiedlichsten Katzen steht für mich fest: Katzen lernen schnell (egal, ob als Kitten oder Erwachsener) ein ausgesprochenes „Nein“ zu verstehen, der Ton macht die Musik. Ich muss nicht Schnurren oder Fauchen, um mich verständlich zu machen, Worte (und KEINE Gesten) reichen völlig aus.
Auch wenn mein „Nein“ gerne mit „Geschnatter“ oder missbilligendem Gemaunze quittiert wird, es wird akzeptiert 🙂
Gut gefaucht, Löwin.