Die Idee hinter dem Entspannungstraining für Katzen: Reiz = Reaktion
Lernen bedeutet: Ein Reiz löst eine Reaktion aus. Dieser Zusammenhang wird eingespeichert. Bei zukünftigen Wiederholungen kann sich die Katze daran erinnern und der Zusammenhang wird immer weiter gefestigt. Dieser Grundsatz begegnet uns bei der Erziehung, beim Training und auch Clickern mit Katzen immer wieder.
Dabei kann der Reiz ein Geräusch, ein Geruch, eine Berührung sein – schlicht alles, was von Außen auf uns oder unsere Katzen einwirkt. Er löst dann Erinnerungen aus. Diese sind mit Denkprozessen, einem bestimmten Verhalten oder Gefühl verbunden: Unwohlsein, Angst, Freude, aber eben auch Entspannung. Je nachdem, mit welcher Erinnerung er verknüpft ist.
Das ist bei uns Menschen genau so wie bei der Katze. Und das passiert ganz unbewusst. Beim Training nutzen wir es aber natürlich bewusst und gesteuert.
So auch beim Entspannungstraining. Hierbei soll ein bestimmter Reiz nach durchdachtem Training Entspannung auslösen. Er ist quasi im Hirn der Katze fest mit "Kein Grund zur Sorge" verknüpft. Und zwar ganz ohne irgendwelches Zutun, ganz unbewusst. Die körperlichen Vorgänge – Herzschlag, Blutdruck, Hormonausschüttung – folgen dann ganz automatisch. Diese wirken sich dann auch wieder positiv auf die Vorgänge im Hirn aus usw. Ein positiver "Teufelskreis" sozusagen 😉
Ziel des Entspannungstrainings: Anspannungsspitzen glätten, Runterkommen fördern
Dabei bedeutet Entspannungstraining nicht "Panik auf Knopfdruck abstellen"! Es soll lediglich dafür sorgen, dass Aufregung – positiv oder negativ – ein wenig abgemildert wird. Dass die Aufregung zwar vielleicht kommt, aber nicht mehr ganz so schlimm – oder zumindest ein ganz klein wenig schneller wieder vorbeigeht. Es soll als Ansatz dafür dienen, dass die Katze für andere tröstende Angebote offen sein kann. Und nicht in Panik wegrennt und sich stundenlang nicht mehr blicken lässt.
Denn es gibt Katzen, die kommen aus ihrer Angst, ihrer Aggression oder ihrer freudigen Aufregung nicht mehr so einfach selbst hinaus. Oder sie brauchen bedeutend länger, um sich abzuregen. Mit dem Entspannungstraining können wir diese Zeit vielleicht ein wenig verkürzen. Wir können der Katze damit aber auch "einfach nur" ein gutes Gefühl geben, damit allzu große Aufregung vielleicht nicht mehr ganz so leicht aufkommt. Oder dass sie "klar genug im Kopf" ist für zusätzliche weitere Entspannungstools.
Das können wir so gestalten, dass wir die Katze nicht berühren, ihr nicht körperlich nahe kommen müssen. Für sehr ängstliche oder aggressive Tiere kann das genau das Richtige sein, aber ebenso für solche Katzen, die wenig mit dem Kontakt zu Menschen anfangen können. Beruhigungsangebot auf Distanz sozusagen. Dabei gilt: Dieses Angebot muss nicht auch zwingend immer angenommen werden!
Einsatz: aufregende Alltags- und Ausnahmesituationen, Transport, Tierarztpraxis
Ist die Verknüpfung zwischen Reiz und Entspannung erst einmal geglückt, können wir das Ganze in vielen Situationen einsetzen. Zum Beispiel an Silvester, wenn Besuch oder Handwerkertermine anstehen. Auch beim Transport der Katze oder in der Tierarztpraxis kann Entspannung oft nicht schaden. Als kleines Hilfsmittel bei Zusammenführungen oder Unstimmigkeiten im Mehrkatzenhaushalt kann es sich ebenso eignen.
Kurz: immer dann, wenn unsere Katze ein wenig positives "Runterkommen" gebrauchen könnten. Diese Situationen sind bei jeder Katze anders, vor allem auch anders stark ausgeprägt. Wichtig ist allerdings, dass Entspannungstraining kein Wundermittel ist und auch nicht zwingend als alleiniges Instrument eingesetzt wird. Wir können es aber als kleines, zusätzliches Zahnrad im "Entspannungsgetriebe" sehen.
Die richtige Musik kann dazu beitragen, den Stresslevel bei Katzen zu senken
Musik kann sich als Reiz zur Entspannung gut eignen. Und zwar nicht nur bei uns Menschen, sondern auch bei Katzen. Denn die richtige Musik allein soll Katzen dabei helfen, den Stresslevel beim kurzzeitigen Besuch in der Tierarztpraxis zu senken. Geht es um eine Unterbringung auf der Klinikstation, sind die Ergebnisse nicht so stark – vor allem auch, weil Musik allein hier nur ein Faktor zur Stressreduzierung unter Vielen sein sollte.
Interessant ist, dass Musik möglicherweise dazu beitragen kann, die Sicherheit bei Operationen zu verbessern – denn Untersuchungen belegen, dass Katzen sogar unter Vollnarkose auf Musik reagieren.
Dabei haben unterschiedliche Musikrichtungen auch unterschiedliche Wirkungen auf die Katze. Am besten zur Entspannung geeignet sein soll dazu spezielle "Musik für Katzen": also Musik mit tiefen Tönen, katzenähnlicher Frequenz und ohne spitze Höhen. Aber auch klassische Musik wirkt sich teilweise positiv auf die Katze aus.
Meine Inspiration: Verhaltensexpertinnen und eine Krimi- Dokuserie
Klar ist also: ein wohliges Gefühl kann auch bis zu einem gewissen Grad "antrainiert" werden. Und Musik löst es sogar aus oder trägt zumindest dazu bei. Warum also nicht beides kombinieren und ein ganz eigenes Entspannungstraining für meine Katzen daraus machen? Diese Frage habe ich mir Mitte November letzten Jahres gestellt, als ich über die Silvestervorbereitungen für meine beiden Katzen nachgedacht habe.
Zusätzlich dazu inspiriert haben mich Christine Hauschilds Buch "Tierarzttraining für Katzen" und eine von Dr. Sabine Schrolls Anmerkungen zu Katzenmusik während eines Seminars. In ihrem Buch beschreibt Christine die konditionierte Entspannung. Daher wusste ich, dass es durchaus möglich ist, Entspannung zu trainieren. Sabine rundete mit ihrer Anmerkung, dass Katzenmusik unsere Stubentiger entspannt, das Bild in meinem Kopf ab.
Außerdem musste ich ständig daran denken, dass eine bestimmte Vorspannmusik einer bestimmten Krimi-Dokuserie mich immer müde macht. Denn in der Vergangenheit hatte ich die Sendung immer vor dem Einschlafen geschaut und dabei diesen kurzen Musikeinspieler gehört.
Im Laufe der Zeit hat sich mein Gehirn ohne mein bewusstes Zutun "diese Musik = Müdigkeit" gemerkt: Ich werde mittlerweile automatisch müde, wenn ich diese Musik höre. Dabei ist es ganz egal, was ich zu diesem Zeitpunkt mache oder welche Tageszeit es ist. Und ich weiß mittlerweile, dass es einigen Freundinnen auch so geht 😀
Wenn das also bei uns Menschen ungewollt so funktioniert, warum sollte es das bei meinen Katzen nicht, wenn ich es bewusst darauf anlege?
Katzen entspannen auf vielerlei Weisen – Wie tun es meine?
Das Erste, was ich dabei herausfinden wollte, war, wie genau meine Katzen entspannen. Denn jede Katze entspannt anders: manch eine braucht absolute Ruhe und einen Rückzugsort weit "ab vom Schuss". Manch eine döst auch seelenruhig mitten auf dem Wohnzimmertisch während drumherum Trubel herrscht.
Und manche Katzen sehen auf den ersten Blick einfach nur entspannt aus, sind aber innerlich höchst angespannt (sogenannter "Verteidigungsschlaf"). Mit leicht geschlossenen Augen schnurrend Rumliegen ist also nicht immer auch zwingend wirkliche Entspannung!
Gleich zwei Faktoren haben es mir in diesem Vorbereitungsstadium extrem einfach gemacht: Einerseits kann ich nach elf Jahren Wissensammeln und meiner Ausbildung zur Verhaltensberaterin für Katzen die Entspannungssignale ganz gut deuten. Andererseits sind meine Katzen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Aufzucht und der Haltung hier grundlegend entspannter als manch andere Katzen.
Für Lara gilt dabei: auf meinem Oberkörper oder nah neben mir liegen sind grandios und entspannen noch mehr als allein irgendwo liegen. Allerdings ist sie auch diejenige, die schneller mal verunsichert ist und ein wenig Zeit braucht, um sich zu beruhigen. Das hat sich zwar im Lauf der Jahre durch bewusstes Training verbessert, aber "zu viel Training" kann nicht schaden. Besonders dann, wenn wie bei uns damals Silvester vor der Türe steht.
Janis dagegen ist die "Queen of Körperkontakt" und insgesamt extrem gechillt. Sie bringt kaum etwas aus der Ruhe – im positiven wie auch negativen Sinne. Außer vielleicht rohes Hähnchenfleisch 😉
Geschenktes Katzenbettchen entpuppt sich wider Erwarten als "Entspannungs-Hit"
Für sie hat mir auch der Zufall – oder vielmehr eine liebe Freundin – noch ein wenig mehr Entspannung geschickt: unser rundes, hellgraues Katzenbettchen mit stabilem Rand. Ich liebe diese Dinger, aber alle meine bisherigen Katzen fanden sie nur semigut. Also habe ich solche Bettchen einfach nicht mehr gekauft.
Meine Freundin jedoch näht seit geraumer Zeit verschiedenes, hochwertiges Katzenzubehör – insbesondere Kratzbaumbezüge – und verkauft es unter dem Namen Tierisch ideenReich. Um ihre neuen Prototypen testen zu lassen, gab sie mir zwei Bettchen für meine Damen mit: eines mit krempelbarem Rand und eben jenes mit dickem, stabilem Rand. Ich habe nicht damit gerechnet, das das runde Bettchen angenommen wird. Aber mein Herz musste es einfach haben: Alle Produkte bei Tierisch ideenReich werden nach eigenen Vorlieben (Stoff, Maße, Muster) hergestellt. Und da mich meine Freundin sehr gut kennt, gab es für uns natürlich Bettchen genau nach meinem Geschmack. Ich konnte also gar nicht Nein sagen 😀
Seitdem ich das Bettchen neben meinem Schreibtisch stehen habe, residiert Janis dort über Stunden. Sie wälzt sich wohlig und fühlt sich einfach nur rundum entspannt. Man bekommt sie kaum da raus 😀 Da Stoffqualität und Verarbeitung einfach klasse sind, wird Janis glücklicherweise auch noch lange Spaß daran haben. Die ersten Wäschen jedenfalls hat ihr heißgeliebtes Körbchen überlebt ohne sich zu verziehen oder Nähte einzubüßen. Gut für Janis und damit auch gut für mich. Und ein guter Ansatz fürs Entspannungstraining.
Für uns war also klar, dass Situationen mit viel Körperkontakt und beim Kringeln im Körbchen die Entspannungsmomente sind, die ich als Trainingsansatz nehmen wollte.
Den passenden Musiktrack als Entspannungs-Reiz für meine Katzen finden
Fehlte also nur noch die passende Musik für meine Katzen. Dafür habe ich verschiedene Musikstücke ausprobiert. Und zwar zunächst einmal nur solche, die es kostenlos auf YouTube gab. Schließlich wollte ich kein Geld dafür ausgeben, falls meine Katzen gar nicht mit "Katzenmusik" zurechtkommen. Außerdem ist das Empfehlen an meine Leser*innen einfacher, wenn es wenig Aufwand und Kosten bedeutet.
Es zeigte sich, dass die meisten Musiktracks nicht nach dem Geschmack meiner Katzen waren: entweder gingen sie direkt, signalisierten mit ihrer Mimik, dass die Töne störend sind oder sie waren zu interessiert an der Musik. Was ich suchte war ein Track, der nur mäßig interessierte und das Dösen meiner Katzen nicht unterbrach. Schließlich sollte er weder zu negative, noch zu positive Reaktionen bei meinen Katzen auslösen. Im Idealfall ist "er einfach da" und bringt meine Katzen nicht aus der tiefen Entspannung.
Tatsächlich ist es dann ein Track "Katzenmusik" mit sehr viel Schnurren von YouTube geworden. Diesen Track habe ich auf eine SD-Karte und einen unserer mobilen Lautsprecher gepackt. So kann ich diese "Entspannungsbox" überall mitnehmen – nicht nur innerhalb der Wohnung.
Unser Trainingsbeginn: Genüsslich dösen, kuscheln und Musik hören
Ein passender Musiktrack war also gefunden und auch die Entspannungsmomente waren bekannt. So fing ich Mitte November mit dem Training an. Ganz bewusst habe ich mir eine Trainingsweise überlegt, die quasi keinen Aufwand bedeutet. Denn das schreckt nicht ab und Jede*r kann es nachmachen – schließlich ist das ein Hintergedanke, den ich bei solchen "Tierversuchen" und Experimenten bei uns zuhause immer im Kopf habe: "Wie kann ich es so gestalten, dass es möglichst einfach umzusetzen ist?".
Und "einfach umzusetzen" bedeutete in diesem Fall: einfach gar nichts anders machen. Denn immer wenn ich am Schreibtisch arbeite, sind die Damen sowieso bei mir. Sie entspannen auf mir oder um mich herum. Es dauert keine zehn Minuten bis beide auf ihren Liegeplätzen zerfließen und sich zum Dösen einkringeln. Inklusive räkeln, schnurren und dem einen oder anderen Mittagsschlaf. Insgesamt eine gute Ausgangssituation, um den ausgewählten Musiktrack mit ins Spiel zu bringen.
Denn der erste Schritt im Entspannungstraining ist es, den Reiz ( = den Musiktrack) mit Momenten der Entspannung zu verknüpfen. In diesem Schritt bringt die Musik noch keine Entspannung, aber sie wird nach zahlreichen Wiederholungen als Hintergrunduntermalung in Entspannungsmomenten abgespeichert. Hier lernt das Hirn also "Wenn ich entspanne ist da diese Musik".
Und genau das möchten wir. Das Hirn lernt auch, den Musiktrack mit körperlichen Entspannungssignalen zu verknüpfen: langsamerer Herzschlag, niedriger Blutdruck, wenig "Aufregungshormon". So richtig "feel good" sozusagen.
Viele Wiederholungen und Platzwechsel gehören zum Training dazu
Dazu muss man ihn nur wiederholt in Momenten abspielen, in denen die Katze wirklich ganz entspannt ist. Am besten anfangs ganz leise und kaum wahrnehmbar, der Track soll ja keine Unterbrechung in der Entspannung auslösen. Und am besten auch zu verschiedenen Tageszeiten, an verschiedenen Plätzen.
Das hieß bei uns: tagsüber ein paar Minuten Musik wärend wir am / um den Schreibtisch sind – am Abend auf dem Sofa bei der Kuschelrunde auch noch einmal. Vielleicht auch nochmal Nachts oder morgens im Schlafzimmer – kurz vor dem Einschlafen oder kurz nach dem Aufwachen: dann, wenn man noch müde und träge und die Welt noch völlig in Ordnung ist. Der Vorteil an dem mobilen Lautsprecher ist zusätzlich: ich kann die Musik auch über Distanz abspielen und muss nicht mit den Katzen im Raum sein.
Ich denke, dass das für scheue und weniger kontaktfreudige Katzen ein entscheidendes Plus ist.
Dank der Wiederholungen und Platzwechsel wird irgendwann aus "Wenn ich entspanne ist da diese Musik" "diese Musik macht, dass ich entspanne". Wie lange es braucht, um diese Verknüpfung zu erreichen ist höchst individuell. Denn es hängt auch von unseren Katzen, der jeweiligen Umgebung und anderen Einflüssen aus der Außenwelt ab. Und natürlich auch, wie oft wir die Musik in wirklich tiefen Entspannungsmomenten abspielen.
Die ersten Ernstfälle zeigen: Entspannungstraining funktioniert bei meinen Katzen
Ich habe diese Verknüpfung zwischen Musik und Entspannung etwa eineinhalb Monate festigen können, bevor die ersten "Ernstfälle" auftraten. Dann folgten in unterschiedlichen zeitlichen Abständen vier Anlässe, um die Auswirkungen des Trainings zu beurteilen: Silvester, ein Handwerkertermin mit viel Lärm im Haus, das Weihnachtsessen und ein Spieleabend mit Freunden.
Erstere beiden Anlässe fallen hier in die Kategorie "negative Aufregung" – die letzteren beiden sind eindeutig "positive Aufregung".
Beide Damen lieben Besuch, sind immer mittendrin und ganz begeistert. Lara geht sogar so weit, dass sie manchmal vollkommen aufdreht und allen zeigt, "was sie kann". Sie wibbelt, rennt und kann kaum stillsitzen. Ihr Schlaf ist anschließend schlecht und der nächste Tag völlig ruiniert. In solchen Momenten wirkt es fast so, als ob irgendwer ihr heimlich Aufputschmittel in den Napf packt. Keine Frage: das sollte nicht so bleiben.
Alle vier Anlässe zeigten, dass das Entspannungstraining bei meinen Katzen seine erwünschten Auswirkungen entfalten konnte: es gab zwar Aufregung, aber die Intensität und Länge war deutlich verringert. Und zwar sowohl bei den negativen als auch bei den positiven Aufregungs-Anlässen. Es war gerade bei Lara sehr spannend zu sehen, wie sie herunterfahren konnte.
Entspannungstraining im Ernstfall: Musik ist oft nur ein Teil des Werkzeugkastens
Diese vier Anlässe waren natürlich total unterschiedlich in der Intensität der damit verbundenen Aufregung. So ist Silvester beispielsweise für viele Katzen – so auch meine – eine extreme Ausnahmesituation. Oft mit viel Angst und Panik verbunden. Für so einen extremen Anlass halte ich persönlich in vielen Fällen Musikuntermalung allein nicht für ausreichend.
So gab es bei uns zusätzlich einen abgedunkelten Raum, möglichst abgeschottet von lauten Geräuschen, viele "Ablenkungsleckerchen" und ganz viel Begleitung durch mich. Diese Kombination hat bei uns gut gewirkt. Allerdings sind meine Katzen – wie schon erwähnt – leichte Fälle. Sie sind insgesamt wenig ängstlich, lassen sich leicht händeln und sind gut ansprechbar.
Das trifft aber nicht auf viele Katzen "da draußen" zu. Oft sind zusätzliche Tools nötig, um der Katze zu helfen. Dazu können Pheromone, gesicherte Rückzugsorte, anderes gezieltes Trainung und manchmal auch Medikamente helfen. Was genau für unsere Katzen hilft, ist höchst individuell – so individuell wie die Situationen selbst und auch die Reaktionen unserer Katzen darauf.
Individuelle Situation + individuelle Katze = individuelle Entspannungstools
So habe ich zu Silvester mit der oben beschriebenen Kombination gearbeitet. Zum Handwerkertermin gab es zusätzlich Begleitung durch mich. Denn der war für Lara schon sehr beängstigend. Also habe ich die Musik eingeschaltet, beruhigend mit ihr gesprochen und Körperkontakt zum Trost angeboten. Dabei wurde klar: die Musik als erster Impuls hat bewirkt, dass sie etwas heruntergefahren konnte und für mich ansprechbar war.
Erst durch diesen ersten Beruhigungsimpuls konnte sie mein Angebot auf Körperkontakt und damit weiteren Trost annehmen. Es dauerte dann noch, bis sie die größte Unsicherheit überwinden und zumindest Neugier entwickeln konnte, aber das ist ja genau das Ziel des Entspannungstrainings: überhaupt erstmal ein wenig herunterkommen, um dann weitere Optionen abwägen zu können.
Zu den beiden freudigen Aufregungs-anlässen gab es nur Musikuntermalung. Das hat auch vollkommen ausgereicht, um ein wenig Ruhe in den Sack Flöhe meine Katzen zu bringen. Janis übrigens brauchte nur zu Silvester mehr als Musik: der Handwerkertermin und die beiden freudigen Anlässe haben sie kaum in Aufregung versetzt.
Verglichen: Weniger Aufregung durch Training bei uns
Vor allem die Vergleiche zu "ohne Training" oder "nur Musik" waren für mich interessant. In den vergangenen Jahren war – trotz sehr wenig Böllerei – Silvester immer ein Thema, das beide Katzen in große Aufruhr versetzte. Janis ist zwar generell nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen, aber sie war dennoch verunsichert und manchmal auch ängstlich.
Müsste ich das auf einer Skala von eins "mir doch egal" bis zehn "extreme Panik" einschätzen, hätte ich Janis damals auf zwei bis drei verortet. Lara eher in Richtung fünf bis sechs. Mit unserem Silvester-Setup sind beide nach meiner Einschätzung jeweils um etwa eine bis zwei Stufen heruntergerutscht:
Janis hat bei all der Knallerei ein paar Mal die Ohren gespitzt, aber nicht mehr: wohl eher eine eins bis zwei auf der Skala. Lara war dieses Mal mutig genug, um meine Nähe zum Trösten zu suchen und bewegte sich nur "mittel-aufgeregt" durch die Wohnung. Also ungefähr eine drei bis vier auf meiner Skala. Da diese Einschätzung extrem subjektiv ist und auch durch die anderen zusätzlichen Tools beeinflusst sein könnte, habe ich solche Vergleiche auch für die anderen Aufregungssituationen angestellt. Bei allen Situationen konnte ich – auch allein nur mit Musik – eine Abnahme der Aufregung feststellen.
Ganz weg war sie nicht, aber das war ja von vornherein nicht das Ziel. Mein Ziel "beim Runterkommen helfen" haben wir aber auf jeden Fall erreicht. Und das ist sowohl für mich, aber vor allem auch für meine Katzen eine echte Erleichterung. Und auf sie kommt es ja schließlich an.
Denn das Training machen wir nicht, weil wir sonst nichts mit unserer Zeit und unseren Gedanken anzufangen wissen – sondern weil unsere Katzen in bestimmten Situationen Unterstützung brauchen. Mal mehr, mal weniger. Wenn wir das mit einfachen Mitteln erreichen können, gibt es in meinen Augen keine Ausreden mehr, es nicht zu tun.
Meine zukünftige Aufgabe: Weiter trainieren und weiter vergleichen
Was mir jetzt noch bleibt, ist weiter zu trainieren. Also im Grunde genommen einfach nur weiter Musik laufen lassen. Alles andere wird bei uns ohnehin regelmäßig trainiert und vorbereitet. Besonders spannend – auch, wenn es sich jetzt irgendwie unschön anhört – wird vermutlich der erste Termin in der Tierarztpraxis sein, bei dem ich unsere Entspannungsbox einsetze. Mein Plan ist es, die Musik sowohl im Auto, als auch im Warte- und Sprechzimmer laufen zu lassen. Und dann zu schauen, wie sich meine Katzen verhalten – und dann zu vergleichen, ob sich etwas verändert hat.
Funfact nebenher: der Musiktrack ist mittlerweile auch bei mir mit "Ruhe" verknüpft. Ganz ungewollt und nicht beabsichtigt, aber die Wirkung ist eindeutig 😀 Ich selbst nutze ihn manchmal ganz bewusst, wenn ich konzentrierter arbeiten oder besser einschlafen möchte. Das Gedankenkarussell dreht sich deutlich langsamer, der Körper entspannt und auch die Atmung wird tiefer. Das zu spüren ist für mich aus dem Beobachtungs-Blickwinkel höchst interessant.
Ich werde diesen Artikel also in Zukunft öfter mal aktualisieren und neue Erfahrungen beisteuern. Auch, wenn ich momentan verhalten optimistisch bin, kann sich das ja auch in Zukunft ändern. Oder aber ich verändere meine Trainings-Vorgehensweise. All das möchte ich hier festhalten.
Verhaltens- & Ernährungsberaterin für Katzen, Bloggerin
Miriam steht für die artgerechte Katzenhaltung. Mit ihrem Herzensprojekt katzen-fieber.de sensibilisiert sie seit über 13 Jahren für kätzische Bedürfnisse. Mit Online-Magazin, Vorträgen, Webinaren und Büchern vermittelt sie einfach verständliches Wissen. Individuelle Beratung rundet das Konzept ab. Für ein harmonisches Zusammenleben zwischen Mensch und Katze!