Häufiger wird mir die Frage gestellt, ob das Barfen nur mit „herkömmlichen“ Futtertieren ohne das ganze „Brimborium“ mit Supplementen, Prozentangaben und anderen „lästigen“ Gedankengängen möglich sei. Ich habe bisher rein aus dem Bauch heraus verneint, mit der Begründung, dass gezüchtete Futtertiere nicht wie die natürliche Nahrung der Katze aufgezogen, gefüttert und gehalten werden. Und sich dadurch vermutlich Mängel oder Überversorgungen ergeben könnten [1,2,3]. Also mehr eine Antwort, die auf „Nummer sicher“ geht, aber keine genauen Details liefern kann. Dank einer lieben Lesern des Blogs bin ich aber gespannt auf eine genauere Betrachtung.
Im heutigen Blogartikel möchte ich ein kleines Gedankenspiel veröffentlichen, das diese Frage vielleicht ausführlicher beantworten kann.
Schritt 1: Bedarfswerte der Katze finden
Zunächst einmal muss ich ja wissen „Was braucht die Katze überhaupt, um gesund zu bleiben“. Dazu kann ich mich den vielen veröffentlichten Bedarfswert-Angaben bedienen. Ich habe mir bei einer früheren Korrespondenz zum Thema „Taurin“ von mehreren Experten auf dem Gebiet der Katzenernährung sagen lassen, dass die Empfehlungen der „NRC“ jene seien, auf die sich auch Forscher beziehen. Auch ich bin „vorsichtig“ was Empfehlungen angeht, die von Institutionen ausgesprochen werden, die eine „gewisse Nähe“ zu Futterherstellern haben (mehr dazu hier).
Einen weiteren Punkt finde ich persönlich aber auch wichtig: solche Empfehlungen werden teilweise aufgrund von „Umrechnungen“ von anderen Tierarten und teilweise durch Tierversuche an Katzen ermittelt. Bei solchen Tierversuchen wird nicht selten Fertigfutter verfüttert, das den Bedarf an Nährstoffen noch zusätzlich beeinflusst – so sind viele pflanzliche Inhaltsstoffe dafür verantwortlich, dass mehr Taurin gebraucht wird usw. Also möchte ich zusätzlich zu den offiziellen Empfehlungen auch die Nährwerte der „richtigen“ Maus (keiner Zuchtmaus) miteinbeziehen und schauen „Wie weit entfernt sich die Zuchtmaus von einer wilden Maus?“ Und „Reichen diese Unterschiede aus, um extreme Mängel auszulösen?“.
Ich werde für dieses Gedankenspiel also die Empfehlungen der NRC und die Nährwerte wilder Mäuse zugrundelegen und nur die „wichtigsten“ Eckpunkte aufführen: all die anderen Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe sind für die Katze zwar auch wichtig, aber ich möchte nur einen groben Einblick geben und nicht allzu sehr mit unübersichtlichen Zahlenkolonnen verwirren 😉 . Die Empfehlungen der NRC können auf der Webseite der NRC eingesehen werden (Link siehe Quellenangabe [5]). Die Nährwerte wilder Mäuse beziehe ich aus der Quelle „Reinventing the Mouse – nutritional analysis of mice“ (Link siehe Quellenangabe [6]).
Halten wir bis hierhin Folgendes fest:
NRC 4-Kilo-Katze | Maus wild, 100g | |
Feuchtigkeit | — | 70% |
Protein | 12,5g | 19% = 19g |
Fett | 5,5g | 6,3% = 6,3g |
Kohlenhydrate | — | 1,7% = 1,7g |
Energie | 280kcal | 126kcal2 |
Vitamin A | 0,063mg | 1180 I.E. = 0,354mg1 |
Vitamin D | 0,0004mg | ? |
Vitamin E | 2,5mg | 2,8mg |
Kalzium | 0,18g | 663mg |
Phosphor | 0,16g | 498mg |
Magnesium | 25mg | 35mg |
Kalium | 0,33g | 132mg |
Natrium | 42mg | 118mg |
Taurin | 320mg pro Kilo Futter | 178mg |
1 Vitamin A: 1IE = 0,0003 mg bzw. 1mg = 3333,3IE
2 Energie: um den Energiegehalt eines Futter(tiere)s ausrechnen zu können, werden die sogenannten „Atwater Faktoren“ angewendet: dabei werden Fett, Protein und Kohlenhydrate mit ihrem „Energiegehalt“ multipliziert – alles zusammengerechnet ergibt den Gesamt-Energiegehalt eines Futter(tiere)s:
(Rohproteingehalt • 3,5) + (Kohlenhydratanteil • 3,5) + (Rohfettanteil • 8,5) = Kaloriengehalt pro 100g Futter
Schritt 2: Nährwerte von Futtertieren finden
Nährwertangaben zu Fleisch und Futtertieren sind nur Durchschnittswerte, die sich – je nach Quelle und anderen Faktoren (z.B. Ernährung der Futtertiere) – teilweise enorm unterscheiden. Da wir als Barfer keine Garantie haben, dass die einbezogenen Nährwertangaben 100%ig „richtig“ sind, gleichen wir unser „Unwissen“ durch möglichst viel Abwechslung aus. Dies scheidet für das Finden von Nährwertgehalten von Futtertieren für dieses Gedankenspiel erst einmal aus: es ist also eine mögliche Fehlerquelle, weil Keiner wissen kann, ob das, was veröffentlicht wird, auch wirklich verlässlich ist. Für diese Rechnung hier verlasse ich mich aber einfach mal darauf 😉
Eine weitere Schwierigkeit ist es, Angaben zu finden, die eindeutig kennzeichnen, ob es sich bei den untersuchten Futtertieren um „wilde Tiere“ oder „gezüchtete Tiere“ handelt. Auch dies erfordert weiterreichende Recherche und ist eine weitere Fehlerquelle. Eine Veröffentlichung, die eindeutig kennzeichnet, dass es sich um Zuchtmäuse handelt, lege ich für dieses Gedankenspiel zugrunde: „Vergleichende Untersuchungen an einheimischen Greif- und Eulenvögeln (Buteo buteo / Falco tinnunculus / Bubo bubo) zur Futteraufnahme, Zusammensetzung der Gewölle und Exkremente sowie zur Nährstoffverdaulichkeit bei Angebot von adulten Mäusen und Eintagsküken“ (Link siehe Quellenangabe [7]). Sie bezieht sich zwar nicht auf Katzen, aber dies ist hier unerheblich, da ich nur wissen will, was in so einer Zuchtmaus und einem Eintagsküken „alles drin“ ist.
Da hier die Angaben zu Vitamingehalten in Eintagsküken und Zuchtmäusen fehlen, dient mir die Veröffentlichung „NUTRIENT CONTENT OF FIVE SPECIES OF DOMESTIC ANIMALS COMMONLY FED TO CAPTIVE RAPTORS“ (Link siehe Quellenangabe [3]) als weitere Quelle. Zusätzlich werde ich auch noch die Werte der Wachtel („Quail“) und der Ratte („Rat“) als Futtertier übernehmen.
Ich werde mich in diesem Gedankenspiel also auf das Vergleichen von Mäusen, Eintagsküken, Wachteln und Ratten beschränken – aufgrund von Nährwertangaben, die deutlich machen, dass sie sich auf gezüchtete Futtertiere beziehen. Eine weitere Fehlerquelle ist es natürlich, dass ich nur jene Nährwerte vergleichen kann, die auch veröffentlicht sind.
Halten wir bis hierhin Folgendes fest:
NRC 4-Kilo-Katze | Maus wild, 100g | Futter-Maus pro Kg/TS3 | Eintagsküken pro Kg/TS3 | Wachtel pro Kg/TS3 | Ratte pro Kg/TS3 | |
Feuchtigkeit | — | 70% | ca. 69% | ca. 66% | 65,4% | 64,3% |
Protein | 12,5g | 19g | 471g | 656-691g | 67,6% =676g | 63,4% =634g |
Fett | 5,5g | 6,3g | 378g | 131-203g | 29,7% =297g | 34,9% =349g |
Kohlenhydrate | — | 1,7g | — | 22,1g | ? | ? |
Energie | 280kcal | 126kcal2 | ||||
Vitamin A | 0,063mg | 0,354mg | 657.344 I.E. = 197,2mg1 | ? | 49.716 I.E. = 14,91mg1 | 68.244 I.E: = 20,47mg1 |
Vitamin D | 0,0004mg | ? | ? | ? | ? | ? |
Vitamin E | 2,5mg | 2,8mg | 74,4 I.E. = 49,9mg4 | ? | 60,4 I.E. = 40,5mg4 | 210,5 I.E. = 141,2mg4 |
Kalzium | 0,18g | 0,663g | 36,1g | 15,9-18g | 38.150mg/kg =3,815g | 22.856mg/kg =2,2856g |
Phosphor | 0,16g | 0,498g | 19,3g | 9,53-10,5g | ? | ? |
Magnesium | 25mg | 35mg | 1,28g =1280mg | 3,14-3,26g =3140-3260mg | 665,6mg | 247,3mg |
Kalium | 0,33g | 0,132g | 10g | 7,32-7,72g | ? | ? |
Natrium | 42mg | 118mg | 3,86g =3860mg | 8,03-8,14g =8030-8140mg | ? | ? |
Taurin | 320mg pro Kilo Futter | 178mg | 9,18g = 9180mg | 7,20-7,89g = 7200-7890mg | ? | ? |
1 Vitamin A: 1IE = 0,0003 mg bzw. 1mg = 3333,3IE
2 Energie: um den Energiegehalt eines Futter(tiere)s ausrechnen zu können, werden die sogenannten „Atwater Faktoren“ angewendet: dabei werden Fett, Protein und Kohlenhydrate mit ihrem „Energiegehalt“ multipliziert – alles zusammengerechnet ergibt den Gesamt-Energiegehalt eines Futter(tiere)s:
(Rohproteingehalt • 3,5) + (Kohlenhydratanteil • 3,5) + (Rohfettanteil • 8,5) = Kaloriengehalt pro 100g Futter
3 Trockensubstanz: Zieht man von der Originalsubstanz (100%) den Feuchtigkeitsgehalt ab, erhält man die Trockensubstanz eines Futter(tiere)s. Um verschiedene Futter mit unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalten vergleichen zu können, müssen alle Angaben erst einmal auf eine vergleichbare „Grundgröße“ gebracht werden – dies ist in dem Fall die Trockensubstanz.
4 Vitamin E: 1IE = 0,671mg bzw. 1mg = 1,49IE
Schritt 3: Nährwerte in die Originalsubstanz umrechnen
In der letzten Tabelle sind die Werte für Futtertiere pro Kilogramm Trockensubstanz angegeben. Ich möchte aber wissen, wie die Werte für 100g Originalsubstanz aussehen, um sie den Werten der „wilden Maus“ gegenüber zu stellen. Dazu stelle ich die Formel zur Berechnung der Nährwerte in der Trockensubstanz einfach um:
Wert in der Trockensubstanz ÷ 100 • Trockensubstanz
und teile das Ganze durch „10“ (ein Kilo = 10 mal 100 Gramm).
Anschließend rechne ich die Energiegehalte der Futtertiere aus, wobei ich bei den Futtertieren, zu denen ich keine Werte für Kohlenhydrate finde, diese mit „0“ anrechne. Beim Eintagsküken, bei dem recht schwankende Werte angegeben werden, rechne ich der Einfachheit halber mit dem Durchschnittswert weiter – eine weitere Fehlerquelle, wenn man genau sein will, aber hier geht es ja nur um ein Gedankenspiel und eine grobe Betrachtung 😉
Heraus kommt Folgendes:
NRC 4-Kilo-Katze | Maus wild, 100g | Futter-Maus 100g | Eintagsküken 100g | Wachtel 100g | Ratte 100g | |
Feuchtigkeit | — | 70% | ca. 69% | ca. 66% | 65,4% | 64,3% |
Protein | 12,5g | 19g | 14,6g | 22,3-23,4g ∅ 22,85g | 23,3g | 22,6g |
Fett | 5,5g | 6,3g | 11,7g | 4,45-6,9g ∅ 5,675g | 10,2g | 12,4g |
Kohlenhydrate | — | 1,7g | — | 22,1g | ? | ? |
Energie | 280kcal | 126kcal2 | 150,55kcal2 | 193,3-217,9kcal ∅ 205,5kcal2 | 168,25kcal2 | 184,5kcal2 |
Vitamin A | 0,063mg | 0,354mg | 6,11mg1 | ? | 0,515mg1 | 0,73mg1 |
Vitamin D | 0,0004mg | ? | ? | ? | ? | ? |
Vitamin E | 2,5mg | 2,8mg | 49,9mg4 | ? | 14,01mg4 | 5,03mg4 |
Kalzium | 0,18g | 0,663g | 1,11g | 0,54-0,61g ∅ 0,575g | 0,13g | 0,081g |
Phosphor | 0,16g | 0,498g | 0,59g | 0,32-0,35g ∅ 0,335g | ? | ? |
Magnesium | 25mg | 35mg | 39,68mg | 106,76-110,84mg ∅ 108,8mg | 23,02mg | 8,82mg |
Kalium | 0,33g | 0,132g | 0,31g | 0,248-0,26g ∅ 0,254g | ? | ? |
Natrium | 42mg | 118mg | 119,6mg | 273,02-276,76mg ∅ 274,89mg | ? | ? |
Taurin | 320mg pro Kilo Futter | 178mg | 284,5mg | 244,8-268,26mg ∅ 256,53mg | ? | ? |
1 Vitamin A: 1IE = 0,0003 mg bzw. 1mg = 3333,3IE
2 Energie: um den Energiegehalt eines Futter(tiere)s ausrechnen zu können, werden die sogenannten „Atwater Faktoren“ angewendet: dabei werden Fett, Protein und Kohlenhydrate mit ihrem „Energiegehalt“ multipliziert – alles zusammengerechnet ergibt den Gesamt-Energiegehalt eines Futter(tiere)s:
(Rohproteingehalt • 3,5) + (Kohlenhydratanteil • 3,5) + (Rohfettanteil • 8,5) = Kaloriengehalt pro 100g Futter
3 Trockensubstanz: Zieht man von der Originalsubstanz (100%) den Feuchtigkeitsgehalt ab, erhält man die Trockensubstanz eines Futter(tiere)s. Um verschiedene Futter mit unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalten vergleichen zu können, müssen alle Angaben erst einmal auf eine vergleichbare „Grundgröße“ gebracht werden – dies ist in dem Fall die Trockensubstanz.
4 Vitamin E: 1IE = 0,671mg bzw. 1mg = 1,49IE
Schritt 4: Futtermenge der Katze bestimmen
Da ich nicht nur die einzelnen Futtertiere untereinander, sondern vor allem auch mit den Empfehlungen der NRC vergleichen will, muss ich ausrechnen, wie viel von welchem Futtertier ich brauche, um die benötigte tägliche Kalorienzahl zu erreichen. Es heisst, eine (3,5 Kilo schwere) Katze müsse 10-12 Mäuse fressen, um ihren Energiebedarf zu decken [4]. Mir persönlich ist das zu ungenau, also versuche ich die benötigte „Kalorienanzahl“ für das Gedankenspiel zugrunde zu legen.
Die NRC geht bei ihren Empfehlungen von einer 4-Kilo-Katze aus und nennt einen Energiebedarf von 280kcal. Also schaue ich nun, wieviel Gramm Maus, Zuchtmaus oder Eintagsküken die Katze fressen müsste, um auf 280kcal zu kommen.
Nach der obigen Tabelle enthalten 100g „wilde Maus“ etwa 126kcal, man bräuchte also etwa 220g Maus, um die 280kcal zu erreichen. Bei einem Durchschnittsgewicht von etwa 20 Gramm wären dies 11 Stück. Die „Futtermaus“ enthält dagegen 150,55kcal – um 280kcal zu erreichen, bräuchten wir also 1,86 mal 100g = 186g. Das sind – wenn man von einem Durchschnittsgewicht von etwa 25-30g ausgeht – etwa 6 bis 7 Mäuse. Den ersten Unterschied sehen wir also hier schon: eine Futtermaus enthält viel mehr Fett (und damit Kalorien) als eine „wilde“ Maus und wir bräuchten weniger davon, um unsere imaginäre 4-Kilo-Katze mit der benötigten Energie zu versorgen.
Von den Eintagsküken bräuchten wir 136g (Durchschnittsgewicht 45g = 3 Stück), von der Wachtel 166g (Durchschnittsgewicht 80g = 2 Stück) und von der Ratte 151g (Durchschnittsgewicht 45g = 3,3 Stück), um die 280kcal zu erreichen.
Ich rechne nun also alle Werte auf die entsprechenden Mengen um.
NRC 4-Kilo-Katze | Maus wild, 220g, etwa 11 Stück | Futter-Maus 186g, etwa 6-7 Stück | Eintagsküken 136g, etwa 3 Stück | Wachtel 166g, etwa 2 Stück | Ratte 151g, etwa 3-4 Stück | |
Feuchtigkeit | — | 70% | ca. 69% | ca. 66% | 65,4% | 64,3% |
Protein | 12,5g | 41,8g | 27,16g | 31,07g | 38,67g | 34,12g |
Fett | 5,5g | 13,86g | 21,76g | 7,71g | 16,93g | 18,72g |
Kohlenhydrate | — | 3,74g | — | 30,05g | ? | ? |
Energie | 280kcal | 277,2kcal2 | 280,02kcal2 | 279,48kcal2 | 279,3kcal2 | 278,6kcal2 |
Vitamin A | 0,063mg | 0,7788mg | 8,30mg | ? | 0,85mg | 1,10mg |
Vitamin D | 0,0004mg | ? | ? | ? | ? | ? |
Vitamin E | 2,5mg | 6,16mg | 92,81mg | ? | 23,40mg | 7,59mg |
Kalzium | 0,18g | 1,45g | 2,06g | 0,78g | 0,215g | 0,122g |
Phosphor | 0,16g | 1,09g | 0,80g | 0,455g | ? | ? |
Magnesium | 25mg | 77mg | 73,8mg | 147,96mg | 38,21mg | 13,31mg |
Kalium | 0,33g | 0,27g | 0,57g | 0,354g | ? | ? |
Natrium | 42mg | 249,6mg | 222,45mg | 456,32mg | ? | ? |
Taurin | 320mg pro Kilo Futter | 1780mg pro Kg 391,6mg pro Tagesration | 2845mg pro Kg 529,17mg pro Tagesration | 2565,3mg pro Kg 348,88mg pro Tagesration | ? | ? |
1 Vitamin A: 1IE = 0,0003 mg bzw. 1mg = 3333,3IE
2 Energie: um den Energiegehalt eines Futter(tiere)s ausrechnen zu können, werden die sogenannten „Atwater Faktoren“ angewendet: dabei werden Fett, Protein und Kohlenhydrate mit ihrem „Energiegehalt“ multipliziert – alles zusammengerechnet ergibt den Gesamt-Energiegehalt eines Futter(tiere)s:
(Rohproteingehalt • 3,5) + (Kohlenhydratanteil • 3,5) + (Rohfettanteil • 8,5) = Kaloriengehalt pro 100g Futter
3 Trockensubstanz: Zieht man von der Originalsubstanz (100%) den Feuchtigkeitsgehalt ab, erhält man die Trockensubstanz eines Futter(tiere)s. Um verschiedene Futter mit unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalten vergleichen zu können, müssen alle Angaben erst einmal auf eine vergleichbare „Grundgröße“ gebracht werden – dies ist in dem Fall die Trockensubstanz.
4 Vitamin E: 1IE = 0,671mg bzw. 1mg = 1,49IE
Schritt 5: Nährwerte mit den Bedarfswerten vergleichen
Vergleicht man die „wilde Maus“ mit den Empfehlungen der NRC, fällt auf, dass sie vor allem weitaus mehr Fett und Protein enthält, als die offiziellen Angaben mindestens fordern. Für die Katze ist dies unproblematisch, sogar durchaus gut. Bis auf die Kaliummenge enthält sie alle Nährstoffe um ein Vielfaches mehr als gefordert. So sind beispielsweise die fettlöslichen Vitamine A und E 12fach bzw. 36fach über den Empfehlungen. Die vielfach verbreiteten „Warnungen“ zu Überdosierungen könnte man bei dieser Grundlage vielleicht auch in einem anderen Licht sehen. Nur der Kaliumwert der Maus liegt unter den Empfehlungen.
Vergleicht man die Empfehlungen mit den Futtertieren, kann man Folgendes sehen: Protein- und Fettmengen sind auch hier über den Empfehlungen. Auch die fettlöslichen Vitamine liegen weit darüber. Mich überrascht besonders der extrem hohe Wert an Vitamin A bei der Futtermaus, ob dies ein Übertragungs- oder Rechenfehler ist, möchte ich nicht ausschließen. Mit diesem Wert läge die Futtermaus jedenfalls über den Maximal-Werten der FEDIAF [8]. Bis auf die Kalzium- und Magnesiumwerte der Ratte liegen alle Werte der Futtertiere in hohem Maße über den Empfehlungen. Die Empfehlungen zum Tauringehalt scheinen mit „Futtermaus“ und Eintagsküken abgedeckt zu sein.
Der Vergleich zwischen „wilder“ Maus und Futtertieren zeigt, dass sie von allen Tiere am meisten Protein enthält, ihr Fettgehalt ist jedoch geringer als der einer „Futtermaus“, der Wachtel und der Ratte. Nur das Eintagsküken scheint dagegen recht mager. Alle Futtertiere enthalten mehr Vitamin A und E wie sie, für Kalium trifft dies ebenfalls zu. Die Kalziumwerte liegen – bis auf die Futtermaus – unter ihren Werten. Den Phoshporwert der „wilden“ Maus erreicht kein gezüchtetes Futtertier. Natrium, Kalium, Magnesium und Taurin sind – je nach Futtertier – mal über, mal unter den Werten für die („wilde“) Maus.
Das Kalzium-Phosphor-Verhältnis der „wilden“ Maus liegt mit 1,33:1 in einem recht guten Rahmen. Futtermaus (2,57:1) und Eintagsküken (1,7:1) schneiden da schlechter bis ganz schlecht ab.
Schritt 6: Fazit?
Wenn ich jetzt einfach mal ganz frech davon ausgehe, dass ich mich nicht verrechnet habe und die Quellen alle zuverlässige Angaben liefern, kann man folgendes Fazit aus diesem Gedankenspiel mitnehmen: Offizielle Bedarfswertempfehlungen unterscheiden sich stark von der Maus als natürliche Beute der Katze. Die Gehalte an Proteinen, Fett und Nährstoffen der Maus liegen – bis auf eine Ausnahme – sehr weit über den Empfehlungen. Da Katzen sich Jahrtausende lang nur von Beutetieren (natürlich nicht nur der Maus) ernährt haben, kann man davon ausgehen, dass die Maus in gewisser Weise auch als Standard für den Nährwertvergleich mit anderen Futtertieren herhalten kann.
Die gezüchtete Maus unterscheidet sich extrem von ihrem natürlichen „Vorbild“. Alle Werte der gezüchteten Futtertiere sind weit entfernt von denen einer Maus und auch von den Empfehlungen der NRC: entweder sind sie weit zu hoch oder liegen darunter. Sie sind vor allem von der Ernährung und Haltung der Futtertiere, aber auch von ihrem Alter – siehe Quellen und vergleiche Huhn mit Eintagsküken – abhängig. Die Ernährung scheint großen Einfluss auf das Verhältnis der Fettsäuren [1] und der Nährstoffgehalte, allen voran der Vitamingehalte [2,3] zu haben. Da offenbar kaum Maximalwerte für verschiedene Nährstoffe – bis auf Vitamin A, D und E – zu gelten scheinen, ist es schwierig zu sagen, ob durch eine alleinige Verfütterung von Futtertieren Überversorgungen auftreten – Mängel sind bei den sehr hohen Werten eher weniger zu erwarten.
Es ist also schwer zu sagen, ob eine reine Fütterung mit Futtertieren durchführbar wäre: die Tendenz geht zum „Nein“, wenn es um die „handelsüblichen“ Futtertiere geht, die man im Zoogeschäft oder im Barf-Shop erstehen kann und man selbst offizielle Bedarfswerte als „Richtwert“ anlegt. Bei Tieren, die aus privater Hand stammen – welche großen Wert auf gesunde, ausgewogene Ernährung und Haltung legt – mag das anders aussehen. Jedoch sind Futtertiere aus solchen Quellen eher nicht auf dem freien Markt zu finden. Wer es lieber mit dem Vorbild „Natur“ hält und auch größere Nährwertschwankungen toleriert, kann hier getrost anderer Meinung sein.
Quellen und weitere Infos
- [1] „Care to Compare? Wild vs. Domesticated Prey „: feline-nutrition.org
- [2] „Effects of diet on nutritional content of whole vertebrate prey“: www.researchgate.net
- [3] „NUTRIENT CONTENT OF FIVE SPECIES OF DOMESTIC ANIMALS COMMONLY FED TO CAPTIVE RAPTORS „: sora.unm.edu
- [4] „Skript für Studierende der Veterinärmedizin an der Universität Zürich“: www.gwsystems.com
- [5] „Nährwertempfehlungen der NRC“: dels.nas.edu
- [6] „Reinventing the Mouse – nutritional analysis of mice“: tcfeline.com
- [7] „Vergleichende Untersuchungen an einheimischen Greif- und Eulenvögeln (Buteo buteo / Falco tinnunculus / Bubo bubo) zur Futteraufnahme, Zusammensetzung der Gewölle und Exkremente sowie zur Nährstoffverdaulichkeit bei Angebot von adulten Mäusen und Eintagsküken“: http://elib.tiho-hannover.de
- [8] „Nährwertempfehlungen der FEDIAF“: www.fediaf.org (.pdf-Download) „NUTRIENT COMPOSITION OF WHOLE VERTEBRATE PREY (EXCLUDING FISH) FED IN ZOOS“: www.nal.usda.gov (.pdf-Download)
Verhaltens- & Ernährungsberaterin für Katzen, Bloggerin
Miriam steht für die artgerechte Katzenhaltung. Mit ihrem Herzensprojekt katzen-fieber.de sensibilisiert sie seit über 13 Jahren für kätzische Bedürfnisse. Mit Online-Magazin, Vorträgen, Webinaren und Büchern vermittelt sie einfach verständliches Wissen. Individuelle Beratung rundet das Konzept ab. Für ein harmonisches Zusammenleben zwischen Mensch und Katze!
Irgendwo kam mir unter, dass das Taurin der frischen Beutetiere sehr schnell zerfalle, der Tauringehalt also rasch deutlich reduziert werde nach Tod der Maus (die Katzen ja auch nur ganz frisch mögen und fressen, – noch bevor Mäuse für uns nach Verwesung riechen, wenn sie schlicht nicht mehr warm genug sind, bleiben sie liegen). Kennst du Beobachtungen/Messungen dazu? Falls es so wäre, würde ich mich freilich fragen, ob Schockfrostungen getöteter Futtertiere darauf Einfluss hätten.
Hallo Sandra!
Taurin ist wasserlöslich, was bedeutet, dass es vor allem beim Auftauen oder Wolfen problematisch sein kann, weil da viel Flüssigkeit verlorengeht (falls man keine Vorkehrungen trifft). Dass das „einfach so“ nur weil wegen „tot“ passieren sollte, habe ich bisher nicht lesen können. Magst du mal schauen, ob du die Quelle dazu nochmal findest? Das interessiert mich nämlich auch!
Danke für deine Antwort; die Quelle konnte ich bisher leider nicht wiederfinden bzw. keine Studie, die genau das eindeutig zeigt. Man findet nicht viel, meist die Studien von Hickman, Rogers, Morris, Spitze, Wong, Fascetti, die sich mit der Taurin-Aufnahmemöglichkeit von Katzen aus verschiedenen und verschieden verarbeiteten Futtertieren und Teilen von Futtertieren beschäftigt haben – gemessen also an verschieden gefütterten Katzen, wobei es so aussah, dass ihnen bei Gefrorenem höhere Taurinmengen zur Verfügung gestanden hätten als bei Wärmebehandeltem und höhere Taurinmengen bei Garmethoden mit möglichst geringem Flüssigkeitsverlust des Fleisches selbst. Also, etwa Kochen in Wasser erschien ungünstiger als Braten. Was sich ja auch durch die Wasserlöslichkeit von Taurin erklären lässt (hitzebeständig zeigte es sich, meine ich, bis ca. 130°). Aber ob es womöglich auch Einfluss hätte, wenn ich Rohes (an)briete, bei geigneter Temperatur (abgedeckt) büke, doch den Sud nicht verwendete od. ihn stark verdünnte oder wenn ich Gefrorenes auftaute und einen Großteil des Wassers abkippte, gar das Fleisch trockentupfte, konnte ich daraus nicht entnehmen… – Eigentlich müsste einfach mal gemessen werden, wie hoch der Tauringehalt in Blut und Organen von Mäusen selbst unmittelbar nach ihrem Ableben ist im Unterschied jeweils zu einer halben, einer, zwei, fünf Stunden und einem Tag später – vielleicht in der Sonne oder im Regen liegend oder bei 4° auf trockenem Grund im Schatten oder zeitnah im Sand vergraben… Ich wünschte, ich hätte hier ein Labor, habe aber leider nur regelmäßig Beutemäuse zur Verfügung;-). Wenn Taurin wasserlöslich ist, bleibt mir die Frage, welchen Einfluss Ausblutung und Austrocknung od. Verwässerung durchschnittlich haben.
Ich finde das tatsächlich auch eine superinteressante Frage, Sandra! Momentan habe ich leider keine Zeit zum Recherchieren – solltest du also irgendwann mal über etwas stolpern, dass in der Frage ein paar Hinweise bietet, würde ich mich über eine kurze Nachricht freuen!
Ich finde Ihren Blog sehr aufschluss- und hilfreich und möchte mich für den betriebenen Aufwand bedanken.
Was ich vermisse sind Angaben zu Jodgehalt, Jodbedarf und die Menge an Schilddrüsenhormonen in einer Maus.
Ich gehe bis jetzt davon aus dass die im Dosenfutter zugesetzte Menge an anorganischen Jodverbindungen zu hoch ist.
Ich würde mich über eine Antwort freuen.
Hallo Stefan!
Die Frage ist toll und sie beschäftigt mich ehrlich gesagt auch schon seit Monaten. Tatsächlich konnte ich nämlich bisher noch keine seriösen Infos dazu finden. Es scheint, als wären die Jodgehalte einer Maus so stark schwankend (je nach Futter, Standort, Saison), dass es da keine zuverlässigen Werte gibt. Ich suche jedoch weiter 😀 Falls du in der Zwischenzeit etwas findest, würde ich mich über eine Mitteilung freuen. Was den Zusatz im Futter angeht: oft liegen die Mengen tatsächlich sehr hoch. Problematisch ist, dass es viele verschiedene Bedarfswerte gibt und diese ja per Tierversuch oder „Try and Error“ herausgefunden werden: das heißt, sie werden immer mal auch angeglichen an neue wissenschaftliche Erkenntnisse. So gibt es auch zum Jod viele verschiedene Angaben, wie viel die Katze bekommen sollte. So gibt es logischerweise Futter, das recht wenig enthält und welches das mehr enthält. Sie alle aber decken in der Regel den Bedarf der Katze – nur eben manchmal weit mehr als das. Auf vielen Dosen kann man zumindest lesen, wie viel hinzugefügt wurde – auch wenn das nicht den Gesamtgehalt abbildet, ist diese Angabe meiner Meinung nach zumindest ein bisschen hilfreich.
Liebe Grüße
Miriam
Hallo Katzenfreunde,
mir ist heute in unserer Tierarztpraxis eine Katze vorgestellt worden, die auf Anraten der Züchterin seit ca 5 Jahren (so alt ist sie) ausschließlich mit eintagsküken ernährt wird, denen zuvor der Dottersack ausgedrückt wurde. Zusätzlich fängt sie draußen noch Mäuse. Vorgestellt wurde sie wegen beidseitigen Nickhautvorfalls seit einiger Zeit, Blut- und Urinuntersuchungen auf die gängigen Werte incl. Katueninfektionsprofil sind unauffällig, klinisch sonst ohne Befund. Da mir und befragten Kollegen eine derart einseitige Fütterung bisher noch nicht untergekommen ist, würde mich interessieren, ob es in diesem Forum Erfahrungen oder Meinungen dazu gibt; ich persönlich vermute Imbalanzen in der Vitamin- und Mineralstoffversorgung.
Hallo Frau Dr. Bartelt,
das hört sich nach einem sehr ungewöhnlichen Fall an. Tatsächlich klingt die Fütterung sehr einseitig und Nährstoffimbalancen würden mich persönlich nicht verwundern. Ich selbst kenne nur Katzen, die eine breitere Palette und Abwechslung an Futtertieren erhalten – außer einen Fall, bei dem die Katze ausschließlich Mäuse erhält. Alle diese Tiere zeigen sich seit Jahren äußerlich gesund. Daher kann ich hier wenig beitragen, möchte Sie jedoch an zwei Fachtierärztinnen für Tierernährung verweisen, die sicherlich mehr dazu beitragen können: Frau Fritz von napfcheck.de, Frau Dillitzer von futtermedicus.de und die Ernährungssparte der LMU München. Die Spezialisten dort können sicher helfen, diesem Fall auf den Grund zu gehen.
Liebe Grüße
Miriam
Also ich finde die Schlussfolgerung nicht richtig. Nimmt man z.B. Eintagsküken, so liegen nehezu alle Werte nahe bei denen der Wildmaus, auf jeden Fall aber wesentlich näher dran als die NRC Empfehlungen, die so ähnlich sicher auch bei Fertigfutter zu runde gelegt werden.
Ich sehe allenfalls ein Problem in der Einseitigkeit, würde man nur Eintagsküken füttern.
Es gibt übrigens einen Bedarf, der auf einen engen Wert festzulegen wäre, sondern immer eine Spanne, die recht groß ist. Es ist auch nicht gesagt, dass z.B. die Maus so wie sie ist zur Bedarfsdeckung nötig ist. Ich glaube eher, sie hat Reserven, denn Katze kann nicht davon ausgehen, jeden Tag satt zu werden, genug Mäuse zu fangen. Wenn eine Kate jeden Tag mengenmäßig genug Futter bekommt, können die inhaltlichen Werte auf die Menge bezogen also niedriger sein.
Letztlich gibt es auch keine Möglichkeit, den „Bedarf“ wirklich zu ermitteln. Ausgetestet werden können nur Grenzwerte: ab welcher Menge treten Mangelerscheinungen auf und ab welcher Überdosierungsschäden? Auch die werden meist aus Kostengründen nur für einen überschaubaren Fütterungszeitraum getestet.
Hallo
NRC und Maus liegen doch recht weit auseinander.
Worauf beziehen sich den die Grundwerte im Barfrechner von Einfach-Barf?
Auf die NRC Werte oder auf die Maus, bzw den Futtermix den eine wilde Katze hat?
MfG
Chilli
Huhu Chilli!
Beim einfach-barf-Rechner stehen die Quellen für die Bedarfswerte hinten in der Auswertung dabei: Senger und Wanner.
Liebe Grüße
Miriam